Home Wissen Gesundheit Chronische Rückenschmerzen

Chronische Rückenschmerzen

Fast jeder Mensch leidet einmal in seinem Leben an Rückenschmerzen. Laut Statistik bilden Rückenschmerzen mit einem Anteil von fast 10 Prozent die häufigste Ursache für Krankschreibungen.
Bei mehr als fünf Prozent der Bevölkerung sind die Schmerzen chronischer Art, was nach medizinischen Richtlinien bedeutet, dass sie länger als sechs Wochen unentwegt anhalten. Die Ursachen der Schmerzen sind meist Fehl- und Überlastungen, Bewegungsmangel und Übergewicht. Auch berufliche Probleme und seelisch belastende Situationen, die zu einer ständigen inneren Anspannung führen und dadurch auch zu Verspannungen der Muskulatur beitragen können, können eine Rolle spielen.

Rückenschmerzen sind nicht nur unangenehm, sondern auch beunruhigend. Als Betroffener möchte man die genaue Ursache wissen und ob es sich vielleicht um eine ernste Erkrankung handelt. Tatsächlich können Rückenschmerzen in manchen Fällen Symptom einer Grunderkrankung am Herzen, der Niere oder der Bauchspeicheldrüse sein. Auch bei Depressionen können Rückenschmerzen zu körperlichen Symptomen werden. Suchen Sie daher bei Rückenbeschwerden einen Spezialisten auf und schildern Sie Ihre Beschwerden möglichst genau. Je früher die Behandlung einsetzt, desto besser. Um den Ursachenhergang von Rückenschmerzen besser einordnen zu können, ist es wichtig, den Aufbau der Wirbelsäule – der zentralen Achse des Körpers – zu verstehen.


Aufbau der Wirbelsäule


Die Wirbelsäule bildet die große Längsachse des Skeletts und besteht aus 24 segmentförmigen Knochen, den Wirbeln. Sie ist wie ein doppeltes S geschwungen und besteht aus harten (Wirbeln) und weichen (Bandscheiben) Elementen. Die Krümmungen der Wirbelsäule verleihen ihr eine hohe Stabilität, da durch sie Belastungen, die durch verschiedene Bewegungen auftreten, gleichmäßig auf alle Wirbel verteilt werden.

Die Wirbelsäule umschließt und schützt das Rückenmark (Nervengewebe), das in einem Kanal durch die gesamte Wirbelsäule verläuft. Vom Rückenmark aus ziehen Nerven in alle Bereiche des Körpers – auch in das Gehirn.
Die Bandscheiben liegen wie eine Art Stoßdämpfer zwischen den einzelnen Wirbelkörpern. Bänder, Muskulatur und Bandscheiben sorgen dafür, dass die Wirbelsäule gleichzeitig stabil und beweglich ist.


Ursachen


Abhängig davon, ob die Schmerzen im Hals (Zervix), in der Brust (Thorax) oder im Lendenbereich (Lumbal) auftreten, sprechen Ärzte von Zervikal-, Thorakal-, oder Lumbalsyndromen. Die Entstehung der Schmerzen ist sehr unterschiedlich. Häufig lässt sich die Ursache nicht mit letzter Sicherheit feststellen.

Grund für die Schmerzentstehung im Rücken sind kleine Schmerzrezeptoren, die in fast allen Bereich des Körpers vorzufinden sind. Sie reagieren auf unterschiedlichste Reize und werden beispielsweise bei Entzündungen oder Gewebeschädigungen aktiviert. Die Schmerzreize gelangen über Nervenbahnen zunächst ins Rückenmark und von dort weiter ins Gehirn, wo sie weiterverarbeitet werden. Letztendlich ist es also das Gehirn, das das Schmerzsignal im Körper auslöst. Zu den häufigsten Ursachen für chronische Rückenschmerzen zählen:

  • Eine schwach ausgebildete Rückenmuskulatur
  • Übergewicht, Bewegungsmangel
  • Fehlbelastungen am Arbeitsplatz oder beim Leistungssport (wie z.B. Tennis, Squash oder Alpin Ski)
  • Eine instabile oder verformte Wirbelsäule (Skoliose, Lordose)
  • Fehl- und Überbelastung durch falsches Heben und Tragen
  • Körperliche Schwerarbeit, die mit viel „Überkopfarbeit“ verbunden ist (z. B. Maurer, Maler)
  • Rheumatische oder andere entzündliche Erkrankungen (z. B. Morbus Bechterew)
  • Osteoporose
  • Verspannungen durch seelische Belastungen


Ein schmerzender Rücken endet nicht selten in einen Teufelskreis: Schmerzen verursachen zusätzliche Verspannungen und Fehlhaltungen, diese belasten die Wirbelsäule zusätzlich und führen wiederum zu Schmerzen. Wenn dieser Teufelskreis einmal eingesetzt hat, ist es wichtig ihn schnellstmöglich zu durchbrechen! Dafür ist es ratsam, die Hilfe eines Orthopäden (Facharzt für Knochen, Gelenke und Muskeln) in Anspruch zu nehmen.


Symptome

In vielen Fällen betreffen die Schmerzen den unteren Rücken. Typischerweise verstärken sie sich bei bestimmten Bewegungen oder Fehlhaltungen. Manchmal strahlen sie über die Schulter bis in die Arme aus.

Hinzu kommen häufig:

 

  • Bewegungseinschränkungen und Steifheit
  • Dumpfes Schmerzgefühl im Lendenbereich, manchmal ausstrahlend in die Leiste, Gesäß oder Oberschenkel
  • Verstärkter Schmerz, wenn man den Rücken beugt
  • Sensibilitätsstörungen der Beine, z. B. Brennen, Kältegefühl
  • Muskelverspannungen
  • Vegetative Symptome wie Schwitzen der Handflächen, manchmal sogar Herzrhythmusstörungen

 

Darüber hinaus können Krankheitszeichen auftreten, die unspezifischer und als Warnsignal anzusehen sind.
Treten folgende Symptome auf, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen, um mögliche Schäden zu vermeiden!

  • Zunehmende Schwäche, Müdigkeit
  • Taubheitsgefühl
  • Lähmungserscheinungen der Beine
  • Stuhl- oder Urininkontinenz

    

Diagnose

Der Arzt (oft ein Orthopäde, Neurologe oder Schmerztherapeut) sucht die Ursache zunächst in der Krankengeschichte (Anamnese) und im Erscheinungsbild des Patienten. Bei sehr starken Schmerzen kann es vorkommen, dass der Arzt sich zunächst darauf beschränkt, ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. In der Regel wird er das Ausmaß der Rückenschmerzen anhand eines standardisierten Schmerzprotokolls ermitteln:

 

  • Wie lange bestehen die Schmerzen schon?
  • Wo sind sie lokalisiert?
  • Wie äußern sich die Schmerzen?
  • Wie stark sind sie auf einer Schmerzskala von 0 (schmerzfrei) bis 10 (stärkste denkbare Schmerzen)?
  • Wann treten die Schmerzen in der Regel auf?
  • Welche Maßnahmen erleichtern bzw. steigern die Schmerzen?
  • Werden die Schmerzen von Sensibilitätsstörungen bzw. Lähmungserscheinungen begleitet?



Um dem Arzt möglichst genaue Anhaltspunkte liefern zu können, ist es hilfreich, bereits vorab ein Schmerztagebuch zu führen.

Die ausführliche Anamnese zieht eine körperliche Untersuchung nach sich. Zur Diagnose prüft der Arzt die Muskelkraft, das Gefühlsempfinden und die Muskelreflexe. Durch das Abtasten des Rückens und der Wirbelsäule kann er die Beweglichkeit der Wirbelgelenke untersuchen, Verhärtungen und Verspannungen feststellen und Verformungen beurteilen. Zusätzlich wird er fragen, ob Blase und Schließmuskel kontrolliert werden können.

Bildgebende Verfahren
Bei jüngeren Patienten wird aufgrund der starken Strahlenbelastung häufig auf eine Röntgenuntersuchung verzichtet. Eine Verdachtsdiagnose wird der Arzt allerdings durch bildgebende Verfahren absichern. Bei älteren Patienten können aufgrund einer krankhaften Minderung der Knochenmasse (Osteoporose) einfache Bewegungen zu Wirbelbrüchen führen und starke Rückenschmerzen auslösen. In solchen Fällen ist eine Röntgenaufnahme unumgänglich.


Wenn Hinweise auf komplexe, langanhaltende Rückenleiden bestehen, werden meist weiterführende Untersuchungsmethoden eingesetzt:

  • Die Ultraschalluntersuchung ist eine einfache Methode zur Beurteilung von Weichteilen und Ansammlungen von Flüssigkeiten in Geweben oder Gelenken.
  • Mittels der Computertomographie werden Querschnittsbilder der Wirbelsäule erstellt, um Verletzungen im Inneren der Wirbelkörper zu untersuchen. Auch hier ist die Strahlenbelastung sehr hoch.
  • Die Magnetresonanztomographie ermöglicht äußerst scharfe Schnittbilder verschiedener Ebenen der Wirbelsäule bzw. der Wirbelkörper. Aufgrund der hohen Auflösung erlaubt dieses Verfahren auch die Analyse von kleinsten Details. Die Untersuchung wird häufig bei neurologischen (nervlichen) Erkrankungen angewendet.
  • Die Positronenemissionstomographie zeichnet biochemische und physiologische Vorgänge im Körper auf. Man nutzt die Methode, um krankhafte Veränderungen wie Tumore, Entzündungen und Abszesse zu diagnostizieren.
  • Mithilfe der Elektromyographie können Art und Schwere verschiedener Muskel- und Nervenschädigungen erkannt werden. Hierbei werden Muskeln elektrisch stimuliert und Nervenerregungen aufgezeichnet. Dies ermöglicht eine Aussage über die Muskelfunktion bzw. die Verluste.
  • Bei Verdacht auf Osteoporose kann eine Knochendichtemessung das Ausmaß der Krankheit genau bestimmen.


Auch Blut- und Urinuntersuchungen können bei chronischen Beschwerden zur Feststellung der Ursache beitragen.



Therapie

Ebenso vielseitig wie die Ursachen und Symptome gestalten sich die Behandlungsmöglichkeiten von Rückenschmerzen. Im Vordergrund stehen zu allererst die Erhaltung der Beweglichkeit und die Befreiung des Patienten von Schmerzen. Durch Muskelrelaxantien (Entspannungsmittel) können Verspannungen der Muskulatur schnell und wirksam gelöst werden.

Auch wenn es schmerzhaft ist, regelmäßige und gezielte Bewegung trägt dazu bei, die Durchblutung der Gelenke zu erhalten  und die Muskulatur aufzubauen. Sie gilt als Basis der Behandlung von Rückenschmerzen! Als besonders schonend und hilfreich erweisen sich Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Walking. Im Zweifelsfall kann der Arzt festlegen, welche Sportarten förderlich für die Genesung bzw. welche besser zu vermeiden sind.

Die Schmerzbehandlung ist ein zentraler Baustein der Rückenschmerztherapie mit dem Ziel die Patienten von ihren anhaltenden Schmerzen zu entlasten. Voraussetzung für den Erfolg der Therapie ist die konsequente Einnahme der Medikamente nach einem festgelegten Zeitplan.
Die Gabe des Schmerzmittels richtet sich in der Regel nach dem sogenannten Stufenplan der WHO (Weltgesundheitsorganisation).

Bei leichten Schmerzen (Stufe I) werden entzündungshemmende Arzneimittel (Ibuprofen, Acetylsalicylsäure) und Schmerzmittel wie beispielsweise Paracetamol verabreicht. Bei stärkeren Schmerzen (Stufe II) werden in der Regel schwache Opioide verabreicht. Handelt es sich um sehr starke Schmerzen (Stufe III), werden stark wirksame opioidhaltige Schmerzmittel notwendig. Hier haben sich die Wirkstoffe Morphin und Fentanyl bewährt. Eine gute Alternative zur oralen Einnahme in Tablettenform, sind spezielle Schmerzpflaster mit dem Wirkstoff Fentanyl. Diese sorgen mittels Abgabe des Wirkstoffs über die Haut für eine konstante Schmerzlinderung, ohne dabei den Magen-Darm-Trakt anzugreifen. Manchmal kommen bei der Schmerzbekämpfung sogenannte Antidepressiva (Mittel hauptsächlich gegen Depressionen) zum Einsatz. Durch ihren speziellen Wirkmechanismus greifen sie in die Schmerzweiterleitung des Gehirns ein und können so die Beschwerden lindern.

Eine wirkungsvolle Form der medikamentösen Schmerztherapie sind gezielte Spritzen in den Schmerzbereich. Dabei wird ein lokal wirkendes Betäubungsmittel in die Muskulatur oder an die Wirbelgelenke injiziert. Die Therapie ist sehr effektiv und hat den Vorteil, dass das Schmerzmittel genau dort wirkt, wo die Schmerzinformationen weitergeleitet werden. Eine noch bessere Wirkung wird mit sogenannten intrathekalen Arzneimittelinfusionen erzielt, bei der der Wirkstoff des Schmerzmittels direkt ans Gehirn weitergeleitet wird. Die Gabe erfolgt über eine kleine Pumpe, die meist unter die Bauchdecke implantiert wird und in regelmäßigen Abständen kleine Dosen des Arzneimittels über einen dünnen Schlauch in den Liquorraum (Rückenmarksflüssigkeit) abgibt. Diese Maßnahme eignet sich vor allem bei einer dauerhaften Schmerztherapie.
Auch Wärmewendungen werden von vielen Patienten als angenehm empfunden, da sie die Muskeln entspannen, die Durchblutung fördern und zur Schmerzlinderung beitragen.

Zu den gängigen Maßnahmen gehören Wärmepflaster, feuchtheiße Wickel, Fango-Packungen, Rotlicht, Kurzwellenbehandlung und durchblutungsfördernde Salben.

Zu den weiteren Bausteinen der Therapie gehören krankengymnastische Behandlungen. Bei der Therapie (Bewegungstherapie, Physiotherapie) wird versucht Schäden am Bewegungsapparat, die durch falsche Bewegungsmuster entstanden sind, zu korrigieren. Ähnliche Erfolge können mit Schulungsprogrammen für den Rücken erzielt werden (Rückenschule).


Ergänzend können folgende Therapie-Maßnahmen im individuellen Fall in Frage kommen:

 

  • Reizstrombehandlung (zur Behandlung von Muskelverspannungen)
  • Akupunktur
  • Massage
  • Psychotherapie, Verhaltenstherapie


Operationen sind nur in Ausnahmefällen nötig und sinnvoll. Operiert wird mitunter bei Rückenschmerzen, die durch ein akutes Ereignis (beispielsweise durch einen ernsthaften Bandscheibenvorfall) oder durch schwere Infektionen und Tumore an der Wirbelsäule entstehen.

Auf keinen Fall sollten Sie bei Rückenschmerzen viel Zeit im Liegen verbringen! Bettruhe verursacht auf Dauer mehr Schaden als Nutzen.

 

Vorbeugen


Um chronischen Rückenschmerzen vorzubeugen, kommt es auf Ihre Mitarbeit an!

  • Stärken Sie ihren Rücken durch Bewegung! Legen Sie kurze Wege lieber zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, anstatt mit dem Auto.
  • Benutzen Sie statt des Fahrstuhls lieber die Treppe.
  • Versuchen Sie, bei belastenden Tätigkeiten den Rücken zu schonen! Tragen Sie schwere Lasten nicht zu nah am Körper.
  • Halten Sie Ihren Rücken beim Tragen gerade und beugen Sie ihn nicht.
  • Gehen Sie beim Bücken immer in die Hocke!
  • Verharren Sie nie länger als eine halbe Stunde in derselben Position. Auflockerungsübungen, beim Telefonieren aufstehen oder den Kollegen im Nebenflur persönlich kontaktieren – statt eine Mail zu schreiben – all dies kann zur Entspannung der Muskeln beitragen.
  • Versuchen Sie vorhandenes Übergewicht abzubauen. Jedes "Pfund zu viel" belastet Gelenke und Rücken.
  • Treiben Sie Sport! Besonders eignen sich Rückenschwimmen, Radfahren und zügiges Gehen.
  • Achten Sie auch auf Entspannungsphasen. Wenn Sie schlecht abschalten können, probieren Sie Yoga, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training aus.


Banner
Banner
Banner