Reizdarm
Wenn der Darm aus dem Takt gerät
Wohl jeder hat das schon einmal erlebt: Dem einen schlägt ein schweres Essen auf den Magen, dem anderen vielleicht die Aufregung vor einer wichtigen Prüfung. Wenn der Bauch ab und zu schmerzt, können sich viele Ursachen dahinter verbergen. Meist sind die Beschwerden nur von kurzer Dauer und schnell wieder vergessen. Doch was, wenn der Bauch regelmäßig schmerzt und Krämpfe das Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen?
Für manche Menschen bedeuten alltägliche Beschäftigungen wie ein ausgiebiges Frühstück, ein Restaurantbesuch mit Freunden oder abends tanzen gehen eher Frust als Freude. Der Grund: Immer wieder unvermittelte, heftige Bauchschmerzen und Krämpfe sorgen für erhebliches Unwohlsein. Ob Arbeit oder Freizeitvergnügen – für die Betroffenen wird der Alltag zur Belastungsprobe. Wer diese Beschwerden kennt und sich in solchen Momenten nur nach einer Wärmflasche, Entspannung und Ruhe sehnt, leidet möglicherweise an einem Reizdarmsyndrom. Die Symptome: quälende Bauchkrämpfe, Blähungen, Völlegefühl, Durchfall oder Verstopfung führen zu einer enormen Einschränkung der Lebensqualität.
Reizdarmsyndrom weltweit
Das Reizdarmsyndrom ist keine Seltenheit. Experten gehen davon aus, dass rund 10 bis 25 Prozent der Erwachsenen in Deutschland mit dieser Erkrankung zu kämpfen haben. Tatsächlich ist das Reizdarmsyndrom weltweit ein häufig vorkommendes Krankheitsbild im Magen-Darm-Bereich und nicht auf die westliche Welt beschränkt, also keine Zivilisationskrankheit. Meist tritt die Krankheit zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auf, Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Eine Erkrankung mit unklaren Ursachen
Die Ursachen des Reizdarmsyndroms sind dabei bisher unklar. Es handelt sich hier um eine funktionelle Erkrankung, das heißt, es liegen keine organischen Veränderungen zu Grunde. Vielmehr scheint sich dahinter ein Zusammenspiel aus genetischer Veranlagung, einer Störung des Nervensystems im Magen-Darm-Trakt (des so genannten Bauchhirns) und einer Überempfindlichkeit des Darms zu verbergen. Auch Umwelteinflüsse oder eine vorangegangene Magen-Darm-Entzündung in Verbindung mit einer gestörten Darmflora könnten Experten zufolge in einigen Fällen für das Reizdarmsyndrom verantwortlich sein. Verstärkt werden die Beschwerden häufig von Stress, psychischer Belastung und Veränderungen im Leben (z. B. Jobverlust, Liebeskummer usw.).
Diagnose Reizdarmsyndrom
Das Reizdarmsyndrom wird über das Ausschlussverfahren diagnostiziert. Erst wenn organische Ursachen ausgeschlossen sind, steht die Diagnose Reizdarmsyndrom (RDS) fest.
Für viele Patienten bedeutet die Diagnose „Reizdarmsyndrom“ zunächst häufig eine Erleichterung, ist sie doch nicht selten das Ende einer erfolglosen Odyssee von Arzt zu Arzt. Und nicht zuletzt auch die Gewissheit: Es handelt sich hier um keine ernste Erkrankung.
Trotzdem wirft die Diagnose Reizdarmsyndrom bei den Betroffenen auch viele Fragen bezüglich der Ursachen und Behandlung auf.
Wie geht es dann weiter?
Grundsätzlich ist wichtig zu wissen, dass das Reizdarmsyndrom aktuell nicht ursächlich behandelt und dementsprechend auch nicht vollständig geheilt werden kann. Doch es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Symptome zu lindern und so wieder neue Lebensqualität zu gewinnen.
Individuelle Beschwerden effektiv lindern
Das Reizdarmsyndrom zeigt sich von Patient zu Patient in unterschiedlicher Ausprägung und mit verschiedenen Symptomen. Dementsprechend sollte die Therapie individuell auf die jeweils vorherrschenden Beschwerden zugeschnitten sein.
Besonders häufig klagen Reizdarm-Patienten über quälende Bauchkrämpfe. Hier haben sich krampflösende Mittel (Spasmolytika) mit dem Wirkstoff Butylscopolamin bewährt.
Sollte es zu Verstopfung kommen, können Abführmittel mit Bisacodyl oder Macrogol sowie spezielle Medikamente zur Anregung der Darmtätigkeit (Prokinetika) eingenommen werden. Häufig gehen Blähungen mit Verstopfung einher. Hier haben sich so genannte Entschäumer bewährt, wobei auch hier Krampflöser und Abführmittel Linderung verschaffen. Bei Durchfall stehen Präparate zur Verfügung, welche die Darmtätigkeit vermindern.
Aktive Mitarbeit ist gefragt
Grundsätzlich gilt: Wer am Reizdarmsyndrom erkrankt ist, kann selbst einiges dazu beitragen, um die Beschwerden in Maßen zu halten. Dabei kommt es ebenso auf die richtige Ernährung an (z. B. Meiden von fetten, blähenden, stark gewürzten Speisen) wie auf eine gesunde Lebensführung mit ausreichend Bewegung und auch bewussten Phasen der Entspannung (Yoga, autogenes Training).
Symptome
Bauchkrämpfe, Blähungen & Co.
Beim Reizdarmsyndrom werfen immer wieder unvermittelte Bauchbeschwerden die Betroffenen aus der Bahn und sorgen für einen erheblichen Leidensdruck. Folgende Symptome werden bei Reizdarm-Patienten hauptsächlich beobachtet:
- Bauchkrämpfe
- aufgeblähter Bauch
- Blähungen
- Druck- und Völlegefühl
- Durchfall
- Verstopfung
Die Diagnose des Reizdarmsyndroms erfolgt symptomorientiert, nachdem organische Ursachen ausgeschlossen wurden. Als Leitfaden dienen dem Arzt die so genannten Rom-III-Kriterien (? Siehe auch: Die Diagnose des Reizdarmsyndroms). Ihre zentralen Punkte: über Monate hinweg immer wiederkehrende Bauchschmerzen und -krämpfe sowie das Gefühl des Aufgeblähtseins, oft verbunden mit Verstopfung oder Durchfall oder beiden Symptomen im Wechsel.
Die Art und Intensität der jeweiligen Symptome ist allerdings von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Während beispielsweise bei manchen Patienten der Durchfall als Symptom dominiert (man spricht hier auch vom Durchfall-dominanten-Typ), haben andere vor allem mit Verstopfung zu kämpfen (Verstopfungs-dominanter-Typ).
Die Schmerzen selbst treten bei Reizdarmpatienten typischerweise nie nachts auf. In der Regel nehmen sie nach der Stuhlentleerung ab. Allerdings kennen viele Reizdarm-Patienten das Gefühl, beim Stuhlgang den Darm nicht komplett entleeren zu können. In manchen Fällen werden Schleimbeimengungen im Stuhl beobachtet.
Weitere Symptome
Nicht selten kommen zu den oben genannten Hauptsymptomen weitere unspezifische Symptome hinzu, die sich häufig nicht auf Anhieb mit einem Reizdarmsyndrom in Verbindung bringen lassen.
Zu diesen weiteren Symptomen zählen mitunter:
- Kopfschmerzen
- saures Aufstoßen und Sodbrennen
- Schlafstörungen
- Müdigkeit und Erschöpfung
-
depressive Verstimmung, Angststörungen
Diagnose
Darmprobleme – ein heikles Thema
Wer spricht schon gern über Verdauungsprobleme und Unregelmäßigkeiten beim Stuhlgang? Dies ist wohl einer der Hauptgründe, warum viele Betroffene bei Problemen wie Bauchkrämpfen, Durchfall, Verstopfung oder Blähungen den Gang zum Arzt scheuen. Darüber hinaus spielt häufig auch die Angst vor einer ernsthaften Erkrankung eine Rolle, wenn Betroffene den Expertenrat meiden.
Dabei ist der Besuch beim Hausarzt oder bei einem Gastroenterologen wesentlich, wenn Sie langfristig Ihre Bauchbeschwerden in den Griff bekommen wollen. Denn dieser kann anhand eingehender Gespräche und Untersuchungen andere Erkrankungen ausschließen und entsprechend sicher die Diagnose „Reizdarmsyndrom“ stellen – der erste wichtige Schritt, um die passende Therapie einzuleiten.
Die Krankengeschichte als Grundlage
Das eingehende Gespräch zwischen Arzt und Patient und die dabei erfolgende Erhebung der Krankengeschichte bildet die Grundlage für die Diagnosestellung.
Folgende Fragen werden in der Regel gestellt:
- Welche Symptome treten bei Ihnen auf?
- Wann treten die Symptome überwiegend auf?
- Wie oft treten die Symptome auf?
- Seit wann leiden Sie bereits an den Beschwerden?
- Liegen bereits bekannte Erkrankungen vor?
- Wie würden Sie Ihre Lebenssituation beschreiben? (Stress, seelische Belastungen)
- Werden Medikamente eingenommen? Wenn ja, welche?
Machen Sie sich also vor dem Gang zum Arzt idealerweise einige Notizen.
Hilfreich ist es, über einen gewissen Zeitraum ein Beschwerdetagebuch zu führen. Hier können Sie genau notieren, nach welchen Mahlzeiten und in welchen Situationen die Beschwerden verstärkt auftreten. Das hilft dem Arzt bei der Diagnosefindung.
Die Rom-III-Kriterien
Mediziner haben sich darauf verständigt, sich für die Diagnose funktioneller Störungen des Magen-Darm-Trakts einheitlich an den so genannten Rom-III-Kriterien zu orientieren. Diese wurden erstmals 1992 nach einer Gastroenterologen-Konferenz in Rom veröffentlicht und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Entsprechend der zuletzt aktualisierten Kriterien aus dem Jahr 2006 wird dann die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt, wenn folgende Faktoren zutreffen:
- Immer wiederkehrende Bauchschmerzen oder Überempfindlichkeit im Magen-Darm-Bereich
- Symptombeginn mindestens 6 Monate vor der Diagnose
- Symptome traten an mindestens drei Tagen pro Monat während der letzten drei Monate auf und gehen einher mit mindestens zwei der folgenden Symptome:
- Besserung der Beschwerden nach dem Stuhlgang
- Änderung der Stuhlfrequenz (Häufigkeit des Stuhlgangs)
- Änderung der Stuhlkonsistenz und der Stuhlform
Andere Ursachen müssen ausgeschlossen werden
Doch allein die Erfüllung dieser Kriterien ist in der Regel noch nicht ausreichend, um die Diagnose Reizdarm definitiv zu stellen. Zuvor müssen organische Ursachen, die für die Beschwerden verantwortlich sein könnten, ausgeschlossen werden. Denn nur so kann herausgefunden werden, ob nicht doch eine Grunderkrankung wie beispielsweise eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (z. B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa) oder eine andere Erkrankung, die den Magen-Darm-Trakt betrifft, Auslöser der Beschwerden ist. Auch eine Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) kann reizdarmähnliche Symptome auslösen.
Gängige Untersuchungsverfahren
Zunächst erfolgt in der Regel eine körperliche Untersuchung (Abtasten und Abhören von Darmgeräuschen mit Stethoskop).
Des Weiteren werden unter anderem folgende Untersuchungsverfahren zum Ausschluss anderer Erkrankungen herangezogen:
- Atemtest auf Laktose- oder Fruktoseintoleranz (Nahrungsmittelunverträglichkeit)
- Laboruntersuchung (Blutbild auf Leber- und Nierenwerte, Elektrolyte, Schilddrüsenwerte)
- Magen- oder Darmspiegelung
- Stuhluntersuchung
- Ultraschalluntersuchung
- Röntgenuntersuchung (mit Kontrastmittel)
- Computertomographie
Therapie
Die Therapiemöglichkeiten des Reizdarmsyndroms im Überblick
Da das Reizdarmsyndrom keine nachweisbare Ursache hat, besteht grundsätzlich auch keine Möglichkeit, das Reizdarmsyndrom ursächlich zu behandeln. So ist eine Heilung des Reizdarmsyndroms bisher nicht möglich.
Dennoch ist es für die Betroffenen wichtig zu wissen, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, die Symptome des Reizdarmsyndroms in den Griff zu bekommen und durch effektive Maßnahmen wieder neue Lebensqualität zu gewinnen.
Die symptomatische Therapie stützt sich dabei auf verschiedene Säulen:
Medikamente spielen ebenso eine Rolle wie die Umstellung der Ernährung, die gezielte Anwendung bewährter Hausmittel sowie bestimmte Entspannungsverfahren oder auch eine Änderung der Lebensweise. In Kombination ergeben diese Bausteine eine effektive Möglichkeit, die Beschwerden wirksam zu lindern.
Medikamente zur symptomatischen Therapie
Um die teils quälenden Symptome zu lindern, stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Diese sollten individuell, je nach auftretenden Beschwerden, angewendet werden.
Bauchschmerzen und -krämpfe
Bauchschmerzen und -krämpfe sind beim Reizdarmsyndrom das vorherrschende Symptom, an denen fast jeder Betroffene leidet. Hintergrund ist eine übermäßige Anspannung der Magen-Darm-Muskulatur. In diesem Fall haben sich krampflösende Mittel (Spasmolytika) mit dem Wirkstoff Butylscopolamin bewährt (rezeptfrei in der Apotheke).
Bei Verstopfung können Abführmittel mit den Wirkstoffen Bisacodyl oder Natriumpicosulfat helfen, die Verdauung wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Bei verlangsamter Magen-Darm-Aktivität können so genannte Prokinetika den Transport des Nahrungsbreis beschleunigen.
Kommt es zu andauernden Durchfällen, wird in der Regel ein Medikament verschrieben, das die Darmperistaltik verlangsamt.
Unterstützend zur medikamentösen Behandlung der Symptome können bestimmte Hausmittel helfen, die Beschwerden zu mindern, wie z. B. ein wohltuendes Vollbad oder eine Wärmflasche.
Die richtige Ernährung
Ein wesentlicher Teil der Therapie des Reizdarmsyndroms besteht in der Anpassung der Ernährung und auch der Essgewohnheiten. Hier gilt es natürlich zu berücksichtigen, dass nicht jeder Patient jedes Nahrungsmittel gleichermaßen verträgt. Die Ernährungsumstellung sollte also individuell zugeschnitten sein und idealerweise unter Anleitung eines Ernährungsberaters erfolgen. Als wichtiger Wegweiser kann hier ein Beschwerdetagebuch dienen, das erfasst, wie der Darm auf bestimmte Speisen reagiert.
Auch wenn also die Ernährungsumstellung von Fall zu Fall variiert, gibt es einige grundlegende Regeln, die für jeden Reizdarm-Patienten empfohlen werden.
So sollten RDS-Patienten fettige, sehr süße, stark gewürzte und blähende Lebensmittel wie beispielsweise Kohlsorten, Erbsen oder Bohnen meiden. Alkohol und Kaffee sollten nur in Maßen genossen werden.
Weitere Tipps für die Ernährung beim Reizdarmsyndrom:
- Versuchen Sie, regelmäßige Essenszeiten einzuhalten und keine Mahlzeit auszulassen.
- Ideal sind fünf kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt.
- Lassen Sie sich Zeit beim Essen. Nicht umsonst heißt es: Gut gekaut ist halb verdaut!
- Rohes Obst und Gemüse erfordern vom Darm Schwerstarbeit – hier ist also Vorsicht angesagt.
- Wenn Sie verstärkt unter Durchfall leiden, sollten Sie auf Nahrungsmittel mit dem Zuckeraustauschstoff Sorbitol verzichten.
- Kohlensäurehaltige Getränke sollten mit Vorsicht genossen werden. Sie können Blähungen auslösen.
Allgemeine Tipps zur Lebensweise
Stress ist der größte Feind unseres Darms! Insofern sollten gerade Reizdarm-Patienten darauf achten, dem Stress die rote Karte zu zeigen.
Wie das funktioniert? Hier einige Anregungen:
- Formulieren Sie jeden morgen eine To-Do-Liste. Schreiben Sie sich die Aufgaben von der Seele - so nehmen Sie sich schon einmal die Angst, etwas vergessen zu können. Und: Das Abhaken der einzelnen Punkte auf der Liste ist jedes Mal wieder eine echte Befreiung!
- Gönnen Sie sich ein abendliches Ruhe-Ritual. Ein paar Minuten, die Sie nur für sich reservieren. Ein kurzer Abendspaziergang, ein heißes Vollbad, die Lieblings-CD auf der Couch – erlaubt ist, was gefällt!
- Yoga ist nicht nur effektives Ganzkörpertraining, sondern auch die Möglichkeit, Stress und Anspannung zu entfliehen.
- Autogenes Training oder die progressive Muskelentspannung nach Jacobson stellen professionelle Möglichkeiten der Entspannung dar.
- Bewegung hilft, Stress abzubauen und loszulassen – egal ob beim Joggen, Fahrradfahren oder Schwimmen.
In einigen Fällen, gerade in stark belastenden Situationen, kann es hilfreich sein, die professionelle Hilfe eines Psychologen in Anspruch zu nehmen. Einige Patienten berichten auch über positive Erfahrungen durch Hypnose oder Akupunktur. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt.
Hilfe zur Selbsthilfe
Sich mit anderen Betroffenen austauschen, über die Probleme ohne Tabus und ganz offen zu sprechen und sich natürlich umfassend über die eigene Krankheit informieren – viele Patienten sehen dies als wichtigen Teil der Therapie.
Ursachen
Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine rein funktionelle Erkrankung, das heißt, es liegen keine organischen Ursachen (z. B. Entzündungen, Geschwüre, Unverträglichkeiten) als Auslöser zugrunde.
Zahlreiche mögliche Ursachen in der Diskussion
Tatsächlich ist die eigentliche Ursache für das Reizdarmsyndrom heute noch nicht abschließend geklärt. Experten gehen derzeit von verschiedenen Faktoren aus, die eine ursächliche Rolle spielen können. Dazu zählen genetische Faktoren ebenso wie beispielsweise eine veränderte Darmflora nach einer Antibiotika-Therapie.
Vorangegangene Darminfektionen oder Darmerkrankungen (z.B. Colitis ulcerosa) sind ebenfalls mögliche Ursachen des RDS, das in diesem Fall als postinfektiöses Reizdarmsyndrom bezeichnet wird.
Der Zusammenhang von Psyche und Darmgesundheit
Psychische Einflüsse wie zum Beispiel Stress oder seelische Konfliktsituationen (z. B. Verlust des Arbeitsplatzes, Trennung vom Lebenspartner) stehen im Verdacht, Reizdarmbeschwerden zu verstärken. Tatsächlich wird häufig beobachtet, dass typische Reizdarmbeschwerden wie Durchfall oder auch Bauchkrämpfe gerade in belastenden Situationen wie zum Beispiel vor Prüfungen verstärkt auftreten. Wie genau die Wechselwirkung zwischen psychischer Belastung und Reizdarmbeschwerden im Einzelnen funktioniert, ist derzeit allerdings noch unklar.
Das enterische Nervensystem im Fokus der Wissenschaft
Einem Forschungsansatz aus der Wissenschaft zufolge könnte das Reizdarmsyndrom auch mit einer Störung des enterischen Nervensystems zusammenhängen. Das enterische Nervensystem ist sozusagen unser Bauchhirn – ein komplexes Zusammenspiel aus über 100 Millionen Neuronen und somit die größte Ansammlung von Nervenzellen außerhalb des Gehirns. Auch wenn eine Wechselwirkung zwischen enterischem Nervensystem und unserem Gehirn nicht von der Hand zu weisen ist (so kann beispielsweise Stress unsere Verdauung beeinflussen), funktioniert das Bauchhirn primär autonom und steuert die Verdauungsvorgänge. Eine zentrale Rolle dabei spielt der Botenstoff Acetylcholin, der die Bewegung der Darmmuskulatur (Darmperistaltik) steuert.
Ist der Darm gesund, herrscht eine Balance von hemmenden und aktivierenden Steuerungsvorgängen in unserem Bauchhirn. Entsprechend der These der Wissenschaftler könnte eben diese Balance im Bauchhirn beim Reizdarmsyndrom gestört sein. Überwiegen beispielsweise hemmende Faktoren, ist Verstopfung die Folge. Ist die Aktivierungsfunktion dominant, ist Durchfall die Konsequenz.
Der sensible Darm
Eine gestörte Wechselwirkung zwischen enterischem Nervensystem und unserem Gehirn wird mit als Ursache dafür gesehen, dass der Darm in diesem Fall wesentlich sensibler reagiert als bei gesunden Menschen.
Man spricht von einer Überempfindlichkeit des Darms. Das heißt, dass das enterische Nervensystem auf eigentlich normale und alltägliche Reize anders reagiert als im Normalfall üblich. Ganz natürliche Dehnungsreize auf die Darmmuskulatur, die vom Gesunden gar nicht wahrgenommen werden, empfindet der RDS-Patient bereits als schmerzhaft. Und auch auf Reize wie Stress oder besonders fetthaltige oder ballaststoffreiche Speisen reagiert der Darm überempfindlich. Die Darmmuskulatur verspannt, es kommt zu schmerzhaften Bauchkrämpfen und Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, Verstopfung und Durchfall.
Tipps bei Reizdarm
- 1. Nehmen Sie sich Zeit zum Essen! Vermeiden Sie hastiges Herunterschlingen sondern kauen Sie ausreichend. So erleichtern Sie dem Darm die Verdauungsarbeit. Der Verzehr mehrerer leichter Mahlzeiten über den Tag verteilt ist übrigens ideal.
- 2. Bewegung bringt den Darm in Schwung! Ideal sind Ausdauersportarten wie Joggen, Walking oder Schwimmen. Und ganz nebenbei können Sie so auch etwas für Ihre Figur tun.
- 3. Stress macht dem Darm schwer zu schaffen. Insofern ist der Abbau von Stress ein wesentlicher Baustein einer erfolgreichen Reizdarm-Therapie. Probieren Sie es doch mal mit Yoga oder autogenem Training – in der Ruhe liegt die Kraft!
- 4. Meiden Sie Nikotin und Alkohol. Denn die Darmschleimhaut von Reizdarmpatienten reagiert auf diese Genussgifte häufig besonders empfindlich. Auch Koffein kann bei Menschen mit sensiblem Darm oft Probleme auslösen.
- 5. Bauchschmerzen und -krämpfe sind das vorherrschende Symptom beim Reizdarmsyndrom. Beinahe jeder RDS-Patient hat damit zu kämpfen. Buscopan mit dem Wirkstoff Butylscopolamin ist ein bewährtes Mittel zur schnellen, gezielten und verträglichen Linderung von krampfartigen Bauchschmerzen.